Bevor die heutige Wegwerfwindel Anfang der 1970er Jahre Einzug in den deutschen Babyhaushalt hielt, wurden Kinder mit waschbaren Stoffwindeln gewickelt. Seit einigen Jahren erleben diese sogenannten Mullwindeln als eine Art „Alleskönner“ eine Renaissance. Dabei sind sie größer, bunter und vielfältiger als je zuvor. Das gilt auch für die Moltontücher – die Saugeinlagen der Stoffwindeln. Wie die Mullwindel ist das Moltontuch heute ein unverzichtbarer und vielseitiger Begleiter für eine lange Zeit. Wir sagen Dir, was Du genau damit machen kannst, was die Unterschiede sind und wie viele Mullwindeln und Moltontücher Du benötigst.
Mull ist ein feines, lockeres Baumwollgewebe. Du erkennst Mullwindeln (man nennt sie auch Mulltücher) an der speziellen Webart: Mullwindeln bestehen bei genauerem Hinsehen aus lauter Karos bzw. Rauten. Es gibt sie in verschiedenen Größen. Die meisten sind 80 x 80 cm. Du findest aber auch 120 x 120 cm, 70 x 70 cm und weitere Größen.
Meistens sind Mullwindeln weiß. Manche sind farbig oder mit niedlichen Motiven bedruckt. Weiße Mullwindeln sind bis 90 oder sogar 95 °C waschbar. Bedruckte bis 60 °C. (Bitte beachte die Pflegehinweise des jeweiligen Produkts.) Je öfter Du Mullwindeln wäschst, desto weicher werden sie. Dass sie nach dem Waschen wellig werden, ist normal – und gewollt: Denn dadurch verstärkt sich die Saugkraft.
Mullwindeln gibt es einfach und doppelt gewebt mit verstärktem Rand. Doppelt gewebte mit Randverstärkung sind nicht unbedingt dicker, aber deutlich robuster, saugfähiger und qualitativ hochwertiger.
Das Wort „mull“ ist übrigens eine Kurzversion des englischen Begriffs „mulmul“. Das wiederum bezieht sich auf das Hindi-Wort „malmal“: Musselin. Musselin ist ein glatter, lockerer und feinfädiger Stoff.
Molton (franz: molton; mollet: weich) ist ein sehr weiches und flauschiges Gewebe aus Baumwolle – deutlich kuschliger als Mull. Moltontücher sind eng und gleichmäßig gewebt und sehr saugfähig. Es gibt sie hauptsächlich in der Größe 80 x 80 cm, aber auch kleiner. Viele Moltontücher sind mit Motiven bedruckt, es gibt sie aber auch in Weiß. Moltontücher sind ebenso wie Mullwindeln pflegeleicht und lassen sich bedruckt bei 60 °C waschen. Weiße Tücher vertragen 90 bis 95 °C.
Die Unterschiede sind minimal: Molton ist dicker als Mull. Daher ist Molton saugfähiger, durch das Mehr an Stoff auch etwas teurer als Mull. Es fühlt sich auch flauschiger an. Hier sind alle Eigenschaften auf einen Blick:
Mull | Molton |
---|---|
100% Baumwolle |
100% Baumwolle |
Karowebart |
eng und gleichmäßig gewebt |
transparent |
blickdicht |
saugfähig |
sehr saugfähig |
weich |
sehr weich |
fühlt sich an wie eine Verbandsbinde |
fühlt sich an wie eine flauschige Decke |
pflegeleicht |
pflegeleicht |
Für was brauche ich Mullwindeln und Moltontücher? 10 Verwendungstipps
Du kannst die Stofftücher natürlich wie zu früheren Zeiten zum Wickeln benutzen. (Mehr dazu findest Du weiter unten.) Darüber hinaus gibt es aber viele weitere Verwendungsmöglichkeiten für diese praktischen Multitalente. Zum Beispiel als:
1. Spucktuch: Leg’ das gefaltete Tuch einfach über Deine Schulter, wenn Dein Baby nach dem Essen ein „Bäuerchen“ machen soll. Dadurch ist Deine Kleidung gut geschützt.
2. Unterlage im Bettchen: Auch im Schlaf spucken manche Babys immer mal wieder Milch, weil der Schließmuskel zur Speiseröhre noch nicht stark genug ist. Ein Tuch unter dem Kopfkissen sorgt dafür, dass Du nicht immer gleich das ganze Bett neu beziehen musst.
3. Unterlage beim Wickeln: Die Wickelauflage fühlt sich für Babys oft kalt und unangenehm an. Lege Deinen kleinen Liebling deshalb einfach auf ein großes weiches Mull- oder Moltontuch. Damit schonst Du zugleich die Auflage.
4. Schmuse-und Schnuffeltuch: Die meisten Kinder haben schon ab etwa vier Monaten ein ganz persönliches Lieblingsstück, an dem sie sehr hängen: Das kann ein Stofftier sein, eine Puppe oder ein Schmusetuch. In der Psychologie bezeichnet man solche Dinge als Übergangsobjekte, die eine wichtige Funktion einnehmen: Sie stellen eine Verbindung her zwischen der inneren und der äußeren Welt des Babys. Ein Mulltuch bietet sich hierfür prima an. Zwar hat nicht jedes Kind so lange eine derart innige Beziehung zu seinem Lieblingsstück wie die berühmte Comic-Figur Linus van Pelt von den „Peanuts“ zu seiner blauen Schmusedecke. Es ist aber auch nicht ungewöhnlich, dass Kinder ihrem einstigen Übergangsobjekt viele Jahre treu bleiben.
5. Sommerdecke: Mull- und Moltontücher eignen sich durch den dünnen Stoff sehr gut als leichtes Sommerdeckchen für Dein Baby.
6. Sichtschutz beim Stillen: Ein großes Tuch verschafft Dir beim Stillen in der Öffentlichkeit etwas Privatssphäre. Das schützt nicht nur Dich vor neugierigen Blicken: Dein Baby kann sich dadurch leichter auf das Trinken konzentrieren, ohne von Außenreizen abgelenkt zu werden.
7. Sichtschutz am Kinderwagen: Auch beim Spazieren fahren kann ein Tuch hilfreich sein: Leg’ es über den Kinderwagen, wenn Dein Baby zur Ruhe kommen soll. Dadurch wird es von Außenreizen abgeschirmt. Als Sonnenschutz eignen sie sich nicht so sehr, da die Tücher keinen UV-Schutz haben. Dafür gibt es spezielle Sonnensegel und -schirme.
8. Schwitzschutz: Wenn Du ganz eng mit Deinem nackten Baby kuschelst, wird es manchmal ziemlich warm. Eine Mullwindel oder ein Moltontuch nimmt dann schnell den Schweiß auf und ist weicher als ein Handtuch. Manche Eltern nutzen das Tuch auch als Schwitzschutz in einer Babytrage, im Kinderwagen oder im Autokindersitz.
9. Schneller Lätzchen-Ersatz: Wenn Du kein Lätzchen zur Hand hast, sind Mullwindeln und Moltontücher ein guter Ersatz. Falte das Tuch zu einem Dreieck und binden es um den Hals Deines Kindes. Du kannst große Tücher auch als Lätzchen und Tischunterlage gleichzeitig nutzen: Dazu verknote das ungefaltete Tuch im Nacken und lege es mit der unteren Seite auf den Tisch. Jetzt darf nach Herzenslust gekleckert werden!
10. Helfer bei Erkältungen: Wenn Dein Kleines mal hustet, kommt das vielseitige Stofftuch ebenfalls zum Einsatz. Ist Dein Kind noch kein Jahr alt, erwärme eine Mullwindel über der Heizung und lege sie einfach auf die Brust Deines kleinen Schatzes. Dann den Schlafanzug an und ab ins Bett! Die Wärme löst den Schleim und wirkt entkrampfend. Ist Dein Kind schon älter, empfehlen sich feuchte Brustwickel – zum Beispiel mit Thymian. Dieses vielseitige Kraut hat schleimlösende, antibakterielle Eigenschaften und wirkt ähnlich wie ein Antibiotikum.
Thymianwickel mit Mull- und Moltontüchern: Gebe zwei Teelöffel Thymiankraut in einen halben Liter kochendes Wasser und lasse alles zugedeckt etwa fünf bis zehn Minuten ziehen. Tunke das Stofftuch hinein, wringe es aus und lege es sehr warm (nicht heiß!) auf die Brust Deines Kindes. Darüber gebe eine weitere Mullwindel sowie das dickere Moltontuch. Decke Dein Kind zu und lasse den Wickel so lange drauf, bis er abgekühlt ist.
Zwiebelwickel und Zwiebelsäcken mit Mull- und Moltontüchern: Zwar riechen Zwiebeln sehr scharf, sind aber ein traditionelles Hausmittel bei Erkältungen. Sie wirken antibakteriell, entzündungshemmend und schleimlösend. Für Brustwickel bei Husten hacke zwei Zwiebeln, erhitze die Stückchen über Wasserdampf und schlage sie in eine Mullwindel. Lege sie auf die Brust und bedecke die Mullwindel mit einer weiteren, trockenen und dann noch mit einem Moltontuch. Der Wickel sollte dort etwas eine Stunde bleiben.
Zwiebelsäckchen eignen sich nicht nur gut bei Husten, sondern auch bei Schnupfen. Zerhacke eine Zwiebel und packe die Teilchen in ein sauberes Stofftuch. Wenn Du möchtest, träufel’ noch etwas Lavendelöl dazu. Verschließe das Tuch, dass es wie ein kleines Säckchen aussieht. Hänge es am besten ans Fußende des Kinderbettchens und lasse es dort über Nacht hängen. Auch bei Ohrenschmerzen ist dieses Hausmittel geeignet: Die gehackten Zwiebeln im Säckchen auf Körperwärme bringen, den Saft auswringen und auf das Ohr legen. Mit einem weiteren Mulltuch, einer Mütze oder Stirnband fixieren und 20 Minuten auf dem Ohr liegen lassen.
Hinweis: Bei Fieber keine warmen Wickel anwenden! Wende Dich bitte an Deinen Arzt oder Hebamme, wenn Dein Kind krank ist.
Und noch viele weitere Möglichkeiten: So manche Eltern haben Mullwindeln und Moltontücher übrigens auch zum Putz- oder Geschirrhandtuch umfunktioniert. Der Phantasie sind bei der Verwendung also keine Grenzen gesetzt!
Wickeln mit Mullwindeln
Einige Eltern wickeln aus Kosten- und Umweltschutzgründen ihr Neugeborenes einige Wochen lang (manche auch darüber hinaus) mit Stoffwindeln. Man unterscheidet dabei folgende Systeme:
Wenn Du mit Mullwindeln wickeln möchtest, sollte das Tuch idealerweise 80 x 80 cm groß und doppelt gewebt sein. Am bekanntesten ist die Dreiecksfaltung:
Hier findest Du verschiedene Videos zum Wickeln mit Mullwindeln ->> Wickelvideos
Tipps für die Verwendung von Mullwindeln
Wie viele Mullwindeln und Moltontücher brauche ich?
Wenn Du vorwiegend mit Mullwindeln wickeln möchtest, brauchst Du etwa 25 Stück (Größe 80 x 80 cm, doppelt gewebt) und ebenso viele Moltontücher (Größe 40 x 40 cm) als Saugeinlage. Am Tag wirst Du mindestens 10 Mal wickeln. Je nachdem, wie häufig Du waschen möchtest, kannst Du die Menge anpassen. Darüber hinaus kommst Du mit weiteren 10 Mullwindeln (die Du nicht als Windeln nutzt) und 5 Moltontüchern meist gut aus.